(c) K. Walczyk-Rosar
Literarisches Portrait
Zu jeder Jahreszeit stellen wir Ihnen wichtige polnische Schriftstellerinnen und Schriftsteller vor, deren Werke in Originalsprache und in deutscher Übersetzung in der Bibliothek ausgeliehen werden können.
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Herbst 2022
Witold Gombrowicz (1904-1969)
„Schwarz und Weiß, Gut und Böse -, hier tost die Moral und schlägt wie ein Knüppel. Großartig wäre dieser Gesang, wären die Sänger nicht entsetzt von ihm und spürte man nicht ein Zittern in ihrer Stimme, das Mitleid erregt … In gigantischem Schweigen gestaltet dich unsere uneingestandene, stumme und geknebelte Wirklichkeit.“ 1)
Witold Gombrowicz (c) Bohdan Paczowski. Quelle: Wikimedia Commons |
Leben und Wirken
Witold Gombrowicz war einer der bedeutendsten polnischen Schriftsteller, Drehbuchautor und Avantgardist des 20. Jahrhunderts.
Er wurde am 4. August 1904 in Małoszyce, im ehemaligen russischen Teilungsgebiet, als das jüngste von vier Kindern geboren. Seine Familie gehörte dem Landadel und somit der polnischen Oberschicht an.
1911 zog die Familie nach Warschau, wo Gombrowicz das Lyzeum besuchte. 1927 schloss er Jura an der Universität Warschau ab. Als nächstes studierte er Philosophie und Nationalökonomie in Paris, jedoch ohne großen Erfolg und kehrte nach Polen zurück, um sich der Literatur zu widmen.
Er schrieb u. a. eine Reihe „verrückter“ Kurzgeschichten, Erinnerungen an die Reifezeit (Pamiętnik z okresu dojrzewania, 1933), den Roman Ferdydurke (1938, deutsch 1960) und das Schauspiel Yvonne, Prinzessin von Burgund (Iwona, Księżniczka Burgundu, 1938, deutsch 1964). Laut Czesław Miłosz waren es „ebenfalls „verrückte“ Werke, die den Leser mit Possenreißerei amüsieren, ihn aber gleichzeitig auch zwingen, unangenehme Wahrheiten zu schlucken“. 2)
Kurz vor dem nationalsozialistischen Überfall auf Polen 1939 arbeitete Gombrowicz als Journalist auf dem Kreuzfahrtschiff MS Chrobry, welches seine Jungfernreise nach Südamerika unternahm. Als Berichte des Überfalls das Schiff erreichten, entschied sich Gombrowicz, das Ende des Kriegs in Südamerika abzuwarten. Dort blieb er jedoch länger als geplant und verließ seine Wahlheimat Argentinien erst 24 Jahre später.
Durch die Erlebnisse aus seiner Reise und der Zeit in Buenos Aires wurde sein zweiter Roman Trans-Atlantik inspiriert, der nach seiner Erscheinung in Paris (1953) und Warschau (1957) wegen seines provokativen Charakters die widersprüchlichsten Reaktionen auslöste.
Während seiner Zeit in Argentinien verlor Gombrowicz den Kontakt zu seiner Muttersprache nicht ganz, da er viel Zeit mit der polnischen Diaspora verbrachte. Er arbeitete an einer spanischen Übersetzung seines Romans Ferdydurke und spielte Schach mit seinen Freunden in Buenos Aires. Seine Bücher wurden jedoch in Polen nicht veröffentlicht. Es scheint keine leichte Zeit für ihn gewesen zu sein, besonders weil er an diesem abgelegen Ort von der literarischen Welt in Europa fast vergessen wurde.
Dem Roman Trans-Atlantik folgte das Theaterstück Die Trauung (Ślub, 1953, deutsch 1964), das laut Miłosz den Schlüssel zu Gombrowiczs denken enthält.
Auf Die Trauung folgten die Romane Die Verführung (Pornografia 1960, deutsch 1963) und Kosmos (1965, deutsch 1966).
Gombrowicz reiste erst im Jahre 1963 nach Europa zurück, als er ein Stipendium von der Ford Stiftung erhielt, welches ihm einen einjährigen Aufenthalt in Westberlin ermöglichte. Während seines Aufenthaltes spazierte er viel durch die Stadt und schrieb über seine Eindrücke in seinem Tagebuch. Gleichzeitig arbeitete er an seinem Roman Kosmos und versuchte, Treffen mit anderen Schriftstellern in Cafés zu organisieren, so wie er es in Warschau und Buenos Aires zu tun pflegte. Allerdings war ihm gegenüber eine gewisse Kühle seitens der deutschen Autoren (u.a. Günter Grass, Uwe Johnson und Max Hölzer) zu spüren, und die jungen Intellektuellen hielten ihn für allzu egomanisch und absurd. Nach seiner Rückkehr nach Europa geriet er besonders ins Visier der kommunistischen Regierung in Polen, die ihn zu diskreditieren versuchte. Eine polnische Journalistin wurde sogar nach Westberlin gesandt, um mit ihm ein Interview zu führen, das später verfälscht und zu seinen Ungunsten in den polnischen Medien veröffentlicht wurde. Auch polnische Literaturkritiker, die ihn früher gelobt hatten, schrieben negative Berichte über ihn. Der berühmte Kritiker Artur Sandauer sprach sogar von Gombrowiczs vermeintlich „faschistischen Tendenzen“. Diese Feindschaft seitens seiner Landsleute verletzte Gombrowicz zutiefst, weil er sich damals besonders stark nach seiner Heimat sehnte. In seinem Tagebuch schreibt er sogar, er könne im Berliner Tiergarten den Duft des Ostens spüren. Diese Nähe zu seiner Heimat assoziierte er gleichzeitig mit einer Ahnung seines eigenen Todes, der lediglich ein paar Jahre später kommen würde.
Im Mai 1964 verließ er Berlin mit einigen seiner engsten Freunde und flog nach Paris. Ab 1964 wohnte er in der Stadt Vence in der Nähe von Nizza, wo er anschließend seine Sekretärin Rita Labrosse heiratete. Gombrowicz starb wenige Jahre später am 25. Juli 1969 in Vence, Südfrankreich an den Folgen seiner lebenslangen Asthma-Erkrankung und einem Herzleiden. Sein Grab befindet sich in Vence.
Gombrowiczs Werke wurden bislang in beinahe 40 Sprachen übersetzt.
1967 erhielt er in Tunis den mit 20.000 US-Dollar dotierten internationalen Literaturpreis "Prix Formentor" für den Roman Kosmos. Im Laufe seines Lebens, wurde er zweimal für den Nobelpreis nominiert, einmal sogar ein halbes Jahr vor seinem Tod. Seine Theaterstücke wurden auf den wichtigsten internationalen Bühnen gespielt.
Gombrowicz hat alle seine Werke auf Polnisch geschrieben, doch wegen der ihm gegenüber feindlich eingestellten kommunistischen Presse in Polen konnten sie dort leider nicht erscheinen. Daraus folgte, dass er zu seinen Lebzeiten und auch noch Jahre später in seinem Heimatland leider kaum bekannt war.
Seine Werke erschienen seit 1951 in Frankreich, seit 1959 in Deutschland doch in Polen erst seit 1986.
Nach langen Verhandlungen mit der kommunistischen Regierung sind 1986 im Krakauer Verlag Wydawnictwo Literackie die ersten 9 Bände der Tagebücher von Gombrowicz erschienen. Sie wurden allerdings zensiert - manche Abschnitte über die russische Politik wurden herausgeschnitten.
Im Freien Polen, nach 1989 erschienen dann seine anderen Werke sowie zahlreiche wissenschaftliche Studien und Artikel.
Am 19. Juli 2021 wurde an seinem ehemaligen Wohnort in Berlin-Hansaviertel, Bartningallee 11, eine Gedenktafel enthüllt.
Gombrowicz gilt als einer der größten polnischen Schriftsteller. Sein künstlerisches Bestreben bestand darin, nach Echtheit zu suchen, welche er hauptsächlich in der Jugend sah. Es ging ihm darum, gegen die polnische ‚Tradition‘ und die polnische Geschichte zu kämpfen, den ‚guten Ton‘ einer polnischen Kultur möglichst zu verletzen, die er im Wesentlichen für adlig, katholisch sowie provinziell hielt. Gombrowicz war, wie Miłosz schreibt, „ein Philosoph ohne Respekt vor der Hochschulphilosophie und Literatur, in der er ein snobistisches Ritual sah, an dem er sich unter Missachtung aller Regeln beteiligen konnte.“ 3)
Quellen:
1) Witold Gombrowicz: Tagebuch 1953-1969. Aus dem Polnischen von Olaf Kühl. Zürich : Kampa Verlag, 2022. S. 4.
2) Czesław Miłosz: Geschichte der polnischen Literatur. Tübingen : Francke, 2013. S. 345
3) Czesław Miłosz: Geschichte der polnischen Literatur. Tübingen : Francke, 2013. S. 345
Darüber hinaus:
- https://culture.pl/en/artist/witold-gombrowicz
- https://www.porta-polonica.de/pl/atlas-miejsc-pami%C4%99ci/witold-gombrowicz?page=1
- https://witoldgombrowicz.com/en/wgbio/europe-1963-1970/wgeurope
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Witold Gombrowicz
Ausgewählte Werke:
Witold Gombrowicz ; Aus dem Polnischen von Walter Tiel, mit einem Nachwort von Hubert Schumann
Ferdydurke. Roman
Berlin : Volk u. Welt, 1985
Unsere Signatur: U pd Gom/Fe-2
Covertext:
Als der Roman "Ferdydurke" 1938 in Warschau erschien, rückte er seinen Verfasser mite inem Schlag in den Mitelpunkt des Interesses. Vonlebhafter Anerkennung des urwüchsigen Intellekts über den Vorwurf infantiler Unverschämtheit und Sentimentalität bis zum totalen Verriß reichte die Skala der Meinungen. Die Provokation war beabsichtigt. Die Geschichte des dreißigjährigen Schriftstellers Jozio, die Gombrowicz hier erzählt, stellt in zügelloser Aggressivität alle überkommenen Normen und Konventionen des Bürgertums in Frage. Das Thema bürgerlicher Identitätssuche und bürgerlichen Selbstbetrugs ist in einer eigenwilligen, literarische Traditionen persiflierenden Erzählweise abgehandelt. Der Held wird - gerade in dem Moment, als er sich entschließt, erwachsen zu werden - in die Rolle des Schülers zurückversetzt und einer geistlosen, deformierenden Gängelung ausgeliefert. Er flieht aus der Schule in eine fortschrittsgläubige städtische Familie, von dort in die vermeintlich heile Welt des Dorfes, wo sein Erscheinen das jahrhunderte alte Zeremoniell der Beziehungen zwischen *Herr* und *Knecht* für einen Moment ins Wanken bringt. Doch dann bleibt auch ihm keine andere Wahl, er paßt sich an: es gibt kein privates Entrinmen vor der Allmacht der Formen und Konventionen.
Gombrowicz hat in "Ferdydurke" polnische Wirklichkeit zwischen den beiden Weltkriegen satirisch verarbeitet und mit den Miteln der Groteske und der Parodie die Widersprüche einer Gesellschaft zwischen feudaler Vergangenheit und kapitalistischer Gegenwart entlarvt "Beinahe schäme ich mich. Meine Attentate auf die Form, wohin haben sie mich geführt? Zur Form", bekennt er am Ende seines Lebens. "So lange habe ich sie zerschlagen, bis ich ein Schriftsteller wurde, dessen Thema die Form ist."
Witold Gombrowicz ; Aus dem Polnischen von Klaus Staemmler
Die Besessenen. Roman
Originaltitel: Opętani
München : dtv, 1992
ISBN: 3-423-11444-4
Unsere Signatur: U pd Gom/Be
Covertext:
Ein schillernder Schauerroman, der alles enthält, was verzagte Naturen fürchten: das geheimnisumwitterte Schloß, einen von bösen Träumen verfolgten Fürsten, ein Liebespaar, das sich noch nicht als solches entdeckt hat. "Auch als Kriminalroman zu lesen"
(Frankfurter Rundschau)
Witold Gombrowicz. Aus dem Polnischen von Rolf Fieguth
Trans-Atlantik. Roman
Berlin : Verl. Volk u. Welt, 1988
ISBN: 3-353-00317-7
Unsere Signatur: U pd Gom/Tran-2
Covertext:
Als Satire, Kritik, Traktat, Spaß und Spiel, Absudität, doch nichts davon ganz und ausschließlich, hat Witold Gombrowicz "Trans-Atlantik" bezeichnet, seinen nach "Ferdydurke" zweiten Roman, den er im argentinischen Exil schrieb und der
nach seinem Erscheinen in Paris (1953) und Warschau (1957) wegen seines provokativen Charakters die widersprüchlichsten Reaktionen auslöste. Verschließt sich doch der schriftstellernde Held des Romans, der gerade mit einem luxuriösen Überseedampfer in Buenos Aires eingetroffen ist, seiner patriotischen Pflicht und verweigert die Rückkehr nach Europa, wo der zweite Weltkrieg ausgebrochen ist. Bei seinen Versuchen, in Argentinien Fuß zu fassen, gerät er in die verrücktesten Situationen durch die Begegnung mit verknöcherten Diplomaten, mit ansässigen Unternehmern polnischer Herkunft, die ihre überholten Wertvorstellungen beibehalten haben und sich ununterbrochen befehden, mit einheimischen Großstadttypen, unter anderen einem homosexuellen Millionär, für den er den Sekundanten in einem lächerlichen Scheinduell spielt, denn der hält sich weder an den herkömmlichen Ehrenkodex noch an die verlogene bürgerliche Moral seiner Umwelt.
Sein Pamphlet gegen die erstarrten Traditionen untermauert der polnische Avantgardist Gombrowicz durch stilistische Brisanz. Seine Sprache ist "in Späße verwickelt, sklerotisch, barock, absurd, im Konversationsstil von vor einem Jahrhundert, aber vermischt mit anderen Wortarten, manchmal mit Worten, die ich mir ausgedacht habe".
Witold Gombrowicz ; aus dem Polnischen von Renate Schmidgall
Pornographie. Roman
Originaltitel: Pornografia
Zürich : Kampa Verlag, 2022
ISBN: 978-3-311-10104-8 ; 3-311-10104-9
Unsere Signatur: U pd Gom/P
Covertext:
"Der Mensch will jung sein."
Polen zur Zeit der deutschen Besatzung; Witold und Fryderyk, der fürchterlichen Zustände in Warschau überdrüssig, reisen auf das Landgut ihres adligen Freundes Hipolit. Doch in der Idylle lauert die Langeweile. Warum nicht eine Intrige spinnen? So wird Hipolits sechzehnjährige Tochter zum Gegenstand eines frivolen Spiels, das den beiden Intellektuellen als Jungbrunnen dienen soll. Unter ihrer Anleitung fällt die bereits einem anderen versprochene Henia dem Landarbeiter Karol in die Arme. (Fast) jeder verrät hier
jeden, und es kommt noch schlimmer: Was als erotische Schachpartie mit lebenden Figuren beginnt, wird zusehends beklemmend und endet tödlich. Alle wichtigen Themen des großen Schriftstellers sind hier versammelt: die Sehnsucht nach Jugend, die Lust an der Unreife, die Rebellion gegen gesellschaftliche Zwänge. Vielleicht der ebenso brillante wie beklemmende Höhepunkt im Werk des großen Stilisten und Provokateurs. Oder, in den Worten des Autors: "Der Roman zweier Herren in der Alterswende und eines jugendlichen Paares; ein sinnlich metaphysischer Roman. Welch eine Schande!"
Ein wahres intellektuelles und literarisches Vergnügen."
Marta Kijowska! Neue Zürcher Zeitung
Mehr dazu finden Sie hier.
Witold Gombrowicz. Aus dem Poln. von Olaf Kühl
Kosmos. Roman
Originaltitel: Cosmos
Frankfurt am Main : Fischer-Taschenbuch-Verl., 2005
ISBN: 3-596-16435-4
Unsere Signatur: U pd Gom/Ko
Covertext:
Um dem Streit mit den Eltern zu entgehen und sich auf ihr Examen vorzubereiten, quartieren
sich zwei junge Männer in einem polnischen Gebirgsort ein. Im Aufbegehren gegen die Konventionen, die in der Wirtsfamilie herrschen richten sie eine Tragödie an, indem sie als Voyeure den Zerfall der Familie verfolgen und beschleunigen "Kosmos" erzählt von der Unordnung, von der Unmöglichkeit einer Ordnung in der Welt und von den dunklen und bedrohlichen Strudeln die auf den Wogen zwischenmenschlicher Beziehungen entstehen.
Witold Gombrowicz ; "Yvonne" wurde von Heinrich Kunstmann, "Die Trauung" von Walter Tiel aus dem Polnischen übertragen
Yvonne ; Die Trauung : Zwei Schauspiele
Frankfurt am Main : Fischer, 1964
Unsere Signatur: U pd Gom/Yv
Covertext:
Zwei Schauspiele, die, nach der Meinung des Autors, im Stil Shakespearescher Stücke gespielt werden sollten. Zwei große Satiren auf eine Gesellschaft, die ihre Verhaltensweise
selbst nur noch als Zeremoniell begreift.
"Yvonne" handelt von einem Prinzen, der bei einem Spaziergang sich in ein häßliches Mädchen verliebt - empört über das >Gesetz< der Verehrung des Schönen. Yvonnes innere Welt erweist sich aber als stärker: Sie provoziert und kompromittiert die höfische Gesellschaft, die schließlich zum Mörder wird.
Gombrowicz gelangt hier (1935) in der Theorie des fremden Sehens zu Ergebnissen, die Sartre ein Jahrzehnt später aufgreifen sollte.
"Die Trauung", 1945 geschrieben, ist der Versuch einer Abrechnung mit der Epoche durch die Darstellung des traumatischen Klimas einer Diktatur. Sie ist das Drama eines Menschen, dessen Welt zerstört wurde und der aus Trümmern der einstigen Welt sich eine neue bauen will, in der er als Gott und König regiert, sich selbst die Trauung gibt doch auch diese >Wirklichkeit<. wendet sich gegen ihn.
Witold Gombrowicz. Aus dem Polnischen von Olaf Kühl
Sakrilegien. Aus den Tagebüchern 1953 bis 1967
Originaltitel: Dziennik
Frankfurt am Main : Eichborn, 2002
ISBN: 3-8218-4509-0
Unsere Signatur: U pd Gom/S
Covertext:
"Hallo, hallo!
Wer spricht?
Ich weiß nicht."
Nein, Kulturkritik kann man das nicht nennen. Kulturkritik, das hört sich ja so müde an. Dagegen Gombrowicz und seine noble Unverschämtheit!
Dieses aggressive Rollenspiel, diese Attacken auf alles und auf jeden, Polen, Franzosen, Argentinier, Deutsche! (Ein besonders schönes Kapitel handele vom Westberlin der sechziger Jahre.) Wie er schimpft und predigt, wie er sich lustig macht über uns und über sich, das ist inspiriert und hat einen langen Atem.
Nichts ist diesem Tagebuchschreiber heilig. Seine Kennerschaft in Sachen Dummheit ist unübertrofen. Damit provoziert er natürlich Rechte wie Linke, Gerechte wie Ungerechte. Mit größter Lust schlachtet er die Kühe des Patriotismus, der Kirche, der Ideologie und am allerwenigsten schont er die Kultur und ihren Jahrmarkt der Eitelkeiten.
Nie kann man sicher sein, wie er es meint. Der Ton kippt von der haarsträubenden Komik in den bitteren Ernst. Von der Banalität des Allags zur philosophischen Menscheitsfrage (und umgekehrt) vom Größenwahn zur bösen Selbstironie (und umgekehrt) ist es nur ein kleiner Schrit. Kein Zufall, daß er im Exil geblieben ist; nur einem ewigen Außenseiter ist eine derartige Perspektive vergönnt. Ihre Kehrseite ist die Egomanie.
Kein Wunder also, daß das vollständige Tagebuch einen über tausendseitigen Folianten füllt. Das ist nicht jedermanns Sache. Deshalb begnügt sich die hier vorgelegte Auswahl auf ein gutes Dritel der Vorlage.
Vor mehr als vierzig Jahren geschrieben, sind diese Seiten fisch geblieben wie am ersten Tag. Sie schärfen den Blick, und sie beweisen, daß die Tragikomödie unsterblich ist.
Witold Gombrowicz ; aus dem Polnischen von Olaf Kühl.
Tagebuch 1953-1969
Originaltitel: Tagebuch 1953-1969
Zürich : Kampa, 2022
ISBN: 978-3-311-10107-9 ; 3-311-10107-3
Unsere Signatur: U pd Gom/T
Covertext:
Ein Montaigne des 20. Jahrhunderts.
Ein Meisterwerk des Denkens und Beobachtens -grandiose Egomanie als literarisches Prinzip.
"Ich muss mein eigener Kommentator, besser noch mein eigener Regisseur werden. Ich muss einen Gombrowicz-Denker schmieden, zusammen mit einem Gombrowicz-Genie, einem Gombrowicz-Kulturdemagogen und vielen anderen unverzichtbaren Gombrowiczen", beschreibt der polnische Schriftsteller sein Tagebuch-Projekt, das zu seinem Opus magnum
heranwuchs. Darin setzt sich Gombrowicz mit "einem Maximum an Frechheit" mit philosophischen, historischen, kulturllen, religiösen, gesellschaftlichen Themen auseinander; aber auch mit seinem Emigrantenschicksal und seiner Homosexualität. Die über 1000 Seiten sind ein Thesaurus aus Reflexionen, Analysen, Paradoxien und Provokationen, aus Erlebtem und Erfundenem, die den Leser zu Gelächter, Zustimmung und Widerspruch reizen. Dieses Tiagebuch ist Autobiographie und Kunstwerk in einem. Vorallem aber ein Pamphlet gegen Unterdrückung und Dogmatismus und das Manifest einer gnadenlosen Individualitä
Mehr dazu finden Sie hier.
Witold Gombrowicz. Aus dem Poln. von Olaf Kühl
Kronos. Intimes Tagebuch
München : Hanser Verlag, 2015
ISBN: 3-446-24903-6 ; 978-3-446-24903-5
Unsere Signatur: U pd Gom/K
Covertext:
Neben seinem berühmten Tagebuch, das von Anfang an zur Veröffentlichung bestimmt war, hat Witold Gombrowicz jahrelang geheime Aufzeichnungen gemacht. Darin notiert er ungeschönt Krankheiten, Geldsummen, sexuelle Kontakte mit Frauen und Männern,
die Arbeit an literarischen Werken, persönliche Begegnungen und Reisen.
In "Kronos" wird nichts literarisch verwandelt, hier betreibt Gombrowicz eine gnadenlos ehrliche Selbstbetrachtung bis zu seinem Tod.
"Das intime Tagebuch verhält sich zum literarischen wie die Nacht zum Tag" schreibt Olaf Kühl in seinem Nachwort. Durch umfangreiches Bildmaterial ergänzt, liegt mit diesem Band ein einzigartiges Lebenszeugnis dieses großen Schriftstellers der Moderne vor.
Gombrowicz selbst hatte seiner Frau Rita aufgetragen, bei einem Brand als erstes die Verlagsverträge seiner Bücher und das Manuskript des Intimen Tagebuchs zu retten. Jetzt hat sie es zur Veröffentlichung freigegeben - ein Ereignis.
"KRONOS ist die hartnäckige Suche nach den Grundlagen der eigenen Existenz."
RITA GOMBROWICZ
"KRONOS macht uns Gombrowicz noch einmal viel wilder, als wir je geahnt haben."
OLAF KÜHL
Witold Gombrowicz ; Übersetzt aus dem Polnischen und mit einem Vorwort versehen von Olaf Kühl
Berliner Notizen
Berlin : Edition.fotoTAPETA, 2013
ISBN: 978-3-940524-24-9 ; 3-940524-24-7
Unsere Signatur: U pd Gom/B-2
Covertext:
"Ihr müsst zugeben, dass Berlin, dieses Berlin der Nachkriegszeit, in meiner polnischen Seele einen Sturm entfachen musste der Rachsucht, des Grauens, der Sympathie und Bewunderung, Verdammung, Angst, Anerkennung, Freundschaft und Feindseligkeit - für all
diese Gefühle und viele andere wäre Platz gewesen... Aber nein. - Berlin wurde für mich zu einem Rätsel der Verwirklichung und des Wirklichkeitsverlustes... "
Das ist das Buch einer Rückkehr. Nach fast 24 Jahren im argentinischen Exil verbringt Witold Gombrowicz 1963 ein Jahr in Berlin, in West-Berlin. Und natürlich ist alles anders, und doch kehrt Gombrowicz, „ich, der Europäer“, zurück – in eine europäische Stadt, in dieses Berlin, wo „die Idylle einher ging mit einer gewissen Scheußlichkeit, bei der man sich fragen konnte, ob sie von heute oder von gestern war“. Überhaupt scheinen seine Beobachtungen, heute wieder gelesen, eigentümlich zeitgemäß: „Wie europäisch sie sind, ruhig und ungezwungen, keine Spur von Chauvinismus oder Nationalismus, weite, weltoffene Horizonte, ja, das war die modernste Jugend, die ich je gesehen hatte …“
Mehr dazu finden Sie hier.
Witold Gombrowicz ; wybrał i ułożył Włodzimierz Bolecki
Aforyzmy, sentencje, myśli, zdania i uwagi
Kraków : Wyd. Literackie, 2004
ISBN: 83-08-03410-1
Unsere Signatur: D 3 Gom/A-2
Covertext (auf Polnisch):
"Im mądrzej, tym głupiej".
"Niech gęba gębie daje w gębę!"
"Usuńcie ból, a świat stanie się obojętny".
"Dla mętnych głów wszystko jest mętne".
"Nie rób z tata wariata".
"Dość już tych Bogów! Dajcie mi człowieka".
"Nic tak nie wpływa na ducha jak ciało".
"Wielka poezja, będąc wielką i będąc poezją, nie może nie zachwycać nas, a więc zachwyca."
Mimo, że Witold Gombrowicz nigdy nie pisał aforyzmów, "sentencjonalność w rozmaitych odmianach gatunkowych jest jednym z charakterystycznych wyznaczników jego filozofii życia. W sentencjach, aforyzmach, zdaniach i uwagach sformułował myśli, które stanowią najważniejsze tematy jego twórczości. A zdarza się dość często, że obszerne fragmenty Gombrowiczowskich utworów, są rozwinięciami poszczególnych aforyzmów". Włodzimierz Bolecki, Posłowie
Mehr dazu finden Sie hier.
Ausgewählt und herausgegeben von Marek Zybura
Ein Patagonier in Berlin. Texte der deutschen Gombrowicz-Rezeption
Originaltitel: "Patagończyk w Berlinie". Witold Gombrowicz w oczach krytyki niemieckiej
Dresden : Neisse Verlag, 2017
ISBN: 978-3-86276-184-5 ; 978-3-86276-233-0
Unsere Signatur: D 4 Gom/Zy
Covertext:
Die Ursprünge deutscher Rezeption des Schaffens von Witold Gombrowicz (1904 -1969)und ihr Verlauf im 20. Jahrhundert entziehen sich heute breiterer Kenntnis, obwohl das Werk selbst dem interessierten Lesepublikum zugänglich ist wie noch nie zuvor. Dies betrifft insbesondere die frühe Phase, die mit der Werkausgabe im Neske Verlag (Pfullingen) verbunden war, aber auch die Reaktion auf die zweite Werkausgabe im Carl Hanser Verlag. Deshalb verfolgt die vorliegende Dokumentation das Ziel dem an Gombrowicz interessierten Leser die markantesten Zeugnisse jener Rezeption an die Hand zu geben. Auf die Theaterkritik wird bewußt verzichtet. Sie bleibt einer separaten Bestandsaufnahme vorbehalten.
In chronologischer Hinsicht beinhaltet der Band Texte aus einem knapp halben Jahrhundert der Gombrowicz-Rezeption im deutschsprachigen Raum von 1960 (deutsches Buchdebüt des Autors mit "Ferdydurke") bis 2003. Das Schlußdatum erklärt sich aus dem nachfolgenden Gombrowicz-Jahr 2004, das über den konkreten Anlaß (100 Geburtstag des Autors) hinaus eine Zäsur im Rezeptionsprozeß bildete.
Legitimiert wird eine Dokumentation zur deutschen Gombrowicz-Aufnahme durch die Tatsache, daß seinem Schaffen in der Rezeptionsgeschichte der polnischen Literatur im
deutschsprachigen Raum und speziell in Deutschland ein besonderer Rang zukommt.
Witold Gombrowicz war die größte polnisch-literarische Entdeckung im Westdeutschland der 60er Jahre und die Ausgabe seiner Werke bei Neske die erste Gesamtausgabe eines polnischen Autors, die nach 1945 in der Bundesrepublik erschien. Zudem war sie auf dem deutschen Buchmarkt früher da als die polnischen Gesammelten Werke des Autors (Dzieła zebrane) im Pariser Exilverlag Institut litteraire (1969 -1977).
Vor allem aber resultierte seine Exzeptionalität in diesem Kontext daraus, daß die damalige entdeckung seines Schaffens (zeitgleich mit der Rezeption der Werke von Bruno Schulz und Stanistaw Ignacy Witkiewicz) sich gravierend auf die Wahrnehmung der polnischen Literatur überhaupt auswirkte. Bis dahin, gestand 1984 Helmut Jaesrich, der Publizist und Herausgeber des "Monats" Rita Gombrowicz gegenüber, ,,wußte man in Deutschland herzlich wenig über das polnische Literatur- und kinstlerische Leben".
Der Herausgeber Marek Zybura (geb. 1957) - Literatur- und Kulturwissenschafiler, Herausgeber und Übersetzer, ist o. Professor am Zentrum für Deutschland- und Europastudien der Universität Wroctaw/Breslau, Mitglied des Polnischen PEN und der Sächsischen Akademie der Künste (Klasse Literatur und Sprachpflege).
Mehr dazu finden Sie hier.
Klementyna Suchanow
Gombrowicz. Ja, geniusz
Wołowiec : Wydawnictwo Czarne ; Warszawa : Muzeum Literatury im. Adama Mickiewicza, 2017
ISBN: 978-83-8049-557-9 ; 978-83-947500-1-5
Unsere Signatur: D 3 Gom/Su I-II
Covertext (auf Polnisch):
Gombrowicz. Ja, geniusz to podróż pełna zagadek i znaków zapytania. Zaczyna się na długo przed 1904 rokiem i kończy śmiercią pisarza. To nie tylko podróż, w czasie której z nieopierzonego ziemiańskiego syna wyrośnie pewny swej indywidualności twórca, kreujący zupełnie nowy język filozof i w końcu zmęczony sławą człowiek, to również wędrówka przez kompleksy polskiej – i nie tylko – literatury, historii, tradycji i obyczajowości.
Tom pierwszy wprowadza w zawiłości życia rodzinnego i ziemiańskiego na tle historii rodów Gombrowiczów i Kotkowskich. Mały Itek, „dziwak”, niemieszczący się w wielkopańskim comme il fault, przeobraża się w pisarza Witolda, który własne klęski i lęki przekuwa konsekwentnie w swój oręż. Wydanie Pamiętnika z okresu dojrzewania otwiera mu drzwi do warszawskiego środowiska literackiego, poznaje Schulza, Witkacego i zaczyna „prowadzić swoje gry” przy stoliku nad małą czarną. Fascynuje i odpycha, usilnie walcząc o „narzucenie” siebie. W 1938 roku wydaje Ferdydurke, ale sukces pierwszej powieści przytłumia zbliżająca się wojna. Podróż do Argentyny uchroni Witolda przed wojennym losem, który przypadnie jego bliskim, a równocześnie pozwoli się ostatecznie wyzwolić, doszlifować warsztat literacki i oddać homoerotycznym przygodom w labiryncie Buenos Aires. Gdy w 1945 roku kończy się wojna, Witold nie zamierza wracać do Polski i rozpoczyna los pisarza na emigracji.
Choć trudno w to uwierzyć, Gombrowicz. Ja, geniusz to pierwsza pełna biografia pisarza. Klementyna Suchanow przez lata zbierała materiały, prowadziła rozmowy i podróżowała śladami Gombrowicza. Efektem jest monumentalne dzieło, w którym odbija się nie tylko Itek/Witold, ale także fermentująca kulturowo Europa XX wieku na tle skomplikowanych historycznych wydarzeń.
Mehr dazu finden Sie hier.
Zu jeder Jahreszeit stellen wir Ihnen wichtige polnische Schriftstellerinnen und Schriftsteller vor, deren Werke in Originalsprache und in deutscher Übersetzung in der Bibliothek ausgeliehen werden können.
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Witold Gombrowicz
Links & Interessantes
- Portrait von Witold Gombrowicz auf Culture.pl.
- Eine Gedenktafel für Witold Gombrowicz in Berlin.
- Ein Artikel auf Welt.de anlässlich des 50. Todestages von Gombrowicz.
- Ein Artikel Deutschlandfunk.de zum 50. Todestag von Gombrowicz.
- Die Webseite des Gombrowicz-Museum in Jedlinsk.