29.07.2020 - Gesellschaft

Erster virtueller Auftritt des PolenMobils

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Die Anspannung war den Schülerinnen und Schülern anzusehen. Was würde gleich passieren? Wie sieht ein „PolenMobil“ aus, das über einen Bildschirm ins Klassenzimmer zu Besuch kommt? Am 22. Juli war es endlich soweit. Trotz zahlreicher organisatorischer und datenschutzrechtlicher Hürden durfte das PolenMobil erstmals seit Ausbruch der Coronakrise virtuell in einem Klassenzimmer eines bayerischen Gymnasiums Halt machen. Es war eine Premiere für alle Beteiligten. Für die Lehrerin, die Schülerinnen und Schüler, und natürlich auch für das Team des PolenMobils.

Der Auftritt war mit einigen Vorbereitungen verbunden. Tablets wurden von der Schule bereitgestellt und mit einem entsprechenden Loginzugang bei Zoom eingerichtet. Datenschutzrechtlich war der Auftritt mit der Schulleitung abgesprochen und entsprechende Genehmigungen waren bei den Schülerinnen und Schülern bzw. deren Eltern eingeholt. Ebenso alle wurden aufgrund von Corona bestehenden Vorgaben für die Klassenraumsituation, z.B. Sitzabstände, Teilnehmerzahl usw. berücksichtigt.

Barbara Kaczocha, die als Projektkoordinatorin den Auftritt durchführte, erschien kurz nach 8 Uhr auf einem großen Bildschirm über dem Lehrerpult, gleichzeitig auf den Tablets der Schülerinnen und Schüler. Projektleiter Matthias Kneip verfolgte den Einsatz im Klassenraum.

Erste Schritte ins virtuelle Klassenzimmer


Obwohl der Auftritt zu Beginn mit akustischen Rückkoppelungen zu kämpfen hatte, konnte das Problem schnell behoben werden und Barbara Kaczocha sich mit Hilfe einer eingeblendeten Landkarte den Schülern vorstellen. Welche Verbindung hat sie zu Polen? Wie kam sie nach Deutschland? Welche Unterschiede nahm sie wahr zwischen beiden Kulturen? Die Anspannung im Klassenraum weicht nach und nach der Selbstverständlichkeit, mit der die Schülerinnen und Schüler mit Barbara kommunizieren. Als sie in den Raum fragt, wer schon mal in Polen war, gehen einige Hände in die Höhe. Wie ruft man Schülerinnen und Schüler auf, deren Namen man nicht kennt und auf die man auch nicht per Handzeichen deuten kann? Ganz einfach. „Der junge Mann mit dem grünen Shirt links hinten!“, „Rechts vorne, die Schülerin mit dem Stirnband!“. Geht alles.

Und so erfährt Barbara von den Teilnehmenden verschiedene Geschichten, welche Verbindungen sie mit Polen haben oder welche Assoziationen. Das Eis ist gebrochen. Barbara ist im Klassenzimmer angekommen, obwohl sie zu Hause vor dem Bildschirm sitzt. „Welche Polen kennt ihr?“. Natürlich, Robert Lewandowski, aber auch Marie Curie und den ehemaligen Papst.. Barbara blendet die passenden Bilder auf dem Bildschirm ein. Auch Mark Forster wird genannt, der eigentlich Mark Ćwertnia heißt und dessen Mutter aus Polen stammt. Spontan spielt Barbara ein Video ein, auf dem Mark Forster auf Polnisch singt. Markt Forster singt Polnisch? Die Verwunderung der Schülerinnen und Schüler ist hörbar im Raum. Leider ruckelt das Video etwas, die Übertragungsgeschwindigkeit reicht nicht aus. Unwichtig, die erstaunliche Erkenntnis, dass Mark Forster polnisch singen kann, lässt die Schüler das technische Problem in den Hintergrund rücken.

Polnisch ist gar nicht schwer

Dann sind sie selbst an der Reihe. Wie schwer ist Polnisch? Ein kurzer Einspielfilm stellt ihnen das Wörtchen „Część“ vor, das gleichzeitig „Hallo!“ und „Tschüss“ bedeutet. Anschließend üben sie die Aussprache der polnischen Begrüßung mit Barbara gemeinsam im Klassenraum. Nach anfänglichem Zögern überwinden sie schnell die virtuelle Hürde und sind mit Eifer bei der Sache, üben untereinander mit ihren Banknachbarn (die freilich etwas weiter entfernt sitzen als sonst). „Hallo! Ich heiße Anna. Wie heißt du? Ich heiße Julian. Hallo Julian. Hallo Anna!“. Alles auf Polnisch natürlich. Für einen Moment ist Barbara die Zuschauerin auf dem Bildschirm. Dann übernimmt sie wieder das Kommando und ruft die Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an einem Quiz auf. Dazu müssen sie auf vier kleinen Blättern die Buchstaben A, B, C und D aufmalen.

Als Barbara die Fragen mit vier alternativen Antworten auf dem Bildschirm einblendet, entscheiden die Schüler, welchen Buchstaben sie in die Kamera halten. Gewinner gibt es keinen. Nur die Selbsterkenntnis bei den meisten, dass ihr Wissen über Polen doch geringer ist als es bei einem Nachbarland sein sollte. Welche Farbe hat die polnische Fahne? Weiß-Rot? Oder doch Rot-Weiß? Schwierig. Und wann ist Polen der EU beigetreten? Gespanntes Warten bei manchen, welchen Buchstaben wohl die anderen in die Kamera halten.

Lerneffekte mit Tablet

Nach zehn Fragen ist die Zeit für diesen ersten virtuellen Einsatz des PolenMobils vorbei. Wir möchten wissen, wie der Auftritt den Schülerinnen und Schüler gefallen hat. Und sind überrascht, wie positiv sie auf die Stunde reagieren, trotz kleiner technischer Schwierigkeiten, aus den man für die nächsten Einsätze lernen kann. Sie hätten viel gelernt, und dass Barbara nur virtuell zugeschaltet war, hätten sie nach einigen Minuten gar nicht mehr so wahrgenommen. Vor allem ihre lockere und humorvolle Art hat die Distanz verkürzt, die die Virtualität aufbaut. Barbara war nicht da, und irgendwie doch im Raum. Auf jeden Fall würden sie das weiterempfehlen, auch wenn der Bildschirm Menschen nicht ersetzen kann. Aber in Zeiten, wo man kreativ sein muss, ist so ein virtueller Polencrashkurs eine tolle Möglichkeit, das Land kennenzulernen und mal über den schulischen Tellerrand hinauszublicken. „Würdet ihr nochmal kommen?“, fragt Barbara. Und alle Daumen gehen hoch. „Część!“, „Część!“. Und Barbara entschwindet vom Bildschirm. Und ich verlasse die Schule mit der Erkenntnis, dass das PolenMobil auch in diesen Zeiten nicht zum Stillstand verdammt ist. Nur der Weg ist ein anderer. Die Teerstraße ist – hoffentlich nur vorübergehend - den Fäden des Internets und den Leitungen der digitalen Welt gewichen. Bei den Schülerinnen und Schülern ankommen gelingt ihm aber trotzdem. Bleibt allein die Hoffnung, dass der Schulalltag noch viele weitere virtuelle Einsätze zulässt. Solange wenigstens, bis wieder Normalität eingekehrt ist.