Band Nr. 34
Jahrbuch Polen 2023
Osten
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Andrzej Kaluza / Julia Röttjer
Wo liegt Polen in Europa?
Essays
Jan Kusber Der »Osten« und Polen. Historische Schlaglichter
Kai-Olaf Lang Polens Außen- und Sicherheitspolitik im Angesicht des Kriegs im Osten Europas
Bastian Sendhardt
Polen und der Globale Osten
Wojciech Śmieja / Piotr Brysacz
Ich kehre immer wieder in den Osten zurück, wie der Lachs zu seinen Laichplätzen …
Joanna de Vincenz
Stanisław Vincenz – eine biografische Annäherung
Katrin Steffen
Vorstellungen vom »Ostjüdischen«. Zur Notwendigkeit einer begrifflichen Befreiung
Małgorzata Ruchniewicz
Kresy passé? Die einstigen polnischen Ostgebiete zwischen Erinnerung und Vergessen
Iwona Reichardt
»Russische Seele«? Warum es die »ukrainische Seele« zu entdecken gilt
Stefan Chwin / Michał Nogaś
Warum steht Putin so sehr auf Dostojewski?
Włodzimierz Pawluczuk / Piotr Brysacz
Die ruthenische Seele ist mir lieber
Jaroslaw Hryzak / Sonia Knapczyk
Zweiundzwanzig Ukrainen
Kacper Pobłocki
Der Bauernpöbel. Die Ukraine zwischen Sklaverei und Schlaraffenland
Adam Balcer
Die Ostsiedlung der Deutschen aus Polen und das ukrainische Gelobte Land
Olga Drenda Die Zeiten der Orangenlimonade. Über die polnische »Ostalgie«
Anhang
Verzeichnis der Übersetzer*innen
Bildnachweis
Pressemitteilungen
Pressemitteilung zum Jahrbuch Polen 2023 Osten
Wo liegt heute Polen in Europa? Mit der Frage nach dem „Osten“ – aktualisiert noch durch den Krieg, den Russland in der Ukraine führt – verortet die Jahrbuch-Redaktion Polens politische und gesellschaftliche Lage auf der heutigen Karte Europas. Seit dem demokratischen Umbruch reflektieren polnische außenpolitische und ideengeschichtliche Diskurse diese Frage, die sich geopolitisch erst einmal paradox darstellt: 1945 wurden Polens Grenzen gen Westen verschoben, dennoch verlagerte sich das Land auf der europäischen mental map, nicht nur aus der Eigensicht und aus deutscher Perspektive, mehr denn je Richtung „Osten“. Es wurde zum Teil des Ostblocks, zum Satellitenstaat der Sowjetunion, des „Ostens an sich“ – verbunden mit als barbarisch wahrgenommenen Attributen.
Nach 1989 orientierte sich das Land – obgleich auf der Landkarte unverändert – nach „Westen“ und versuchte, seine neu definierten östlichen Nachbarn wie Ukraine, Belarus oder Georgien darin zu unterstützen, sich aus der postsowjetischen, russischen Einflusssphäre zu emanzipieren.
Seit den 2000er Jahren folgten in Polen Debatten, die den Osten und Polens Rolle dort neu definieren, etwa in postkolonialer Hinsicht in Bezug auf die Versklavung ukrainischer Bauernschaft, die Diskriminierung von Minderheiten oder die allgemeine gesellschaftliche, kulturelle und technologische Entwicklung. In letzter Zeit ist dagegen viel Kritik zu hören an westlichem Verständnis für die „russische Seele“, verbunden mit Forderungen, die außenpolitische Perspektive der ostmitteleuropäischen Staaten stärker zu respektieren.
Das Jahrbuch Polen 2023 bietet ein Spektrum von Analysen und Einsichten, wie in Polen der „Osten“ wahrgenommen wird, welche Abgrenzungen und befürchteten Abgründe, aber auch welche positiven Zuschreibungen und romantischen Stereotype es gibt. In den Essays, Interviews und literarischen Texten wird gefragt, was die Polinnen und Polen am Osten inspiriert und fasziniert, kamen doch Generationen von polnischen Intellektuellen und Kulturschaffenden aus den östlichen Grenzlanden (Kresy). Schließlich wird die Debatte ausgemessen, wie der östliche, sowjetische Einfluss, der Land und Gesellschaft über einen langen Zeitraum prägte, bewertet wird und wie „östlich“ Polen in der Selbstwahrnehmung heute (noch) ist.
Im Jahrbuch finden sich Beiträge u.a. von Olga Drenda, Kai-Olaf Lang, Katrin Steffen, Małgorzata Ruchniewicz, Kacper Pobłocki, Iwona Reichhardt, Jan Kusber, Adam Balcer, Stefan Chwin.