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3. Abteilung: Pointen

Panorama der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts

Rezensionen

Wenn man der Frage nachgehen will, was in unserem Jahrhundert die Köpfe und Gemüter der Polen bewegt, nachdenklich gestimmt, ereifert, geärgert, zum Widerspruch, zum Lachen und zum Hohn gereizt hat (so Karl Dedecius im Vorwort zu diesem Band), nimmt man sich am besten die hier gesammelten Kurzformen vor: Miniaturen, Humoresken, Feuilletons, Epigramme, Gedichte, Satiren, Märchen, Glossen, Parodien und allen voran die bei den östlichen Nachbarn überaus beliebten Aphorismen ...
(Marta Kijowska, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 25./26.4.1998)

Es handelt sich mit Abstand um die umfangreichste Sammlung anspruchsvoller satirischer Texte, die seit Kriegsende in deutscher Sprache erschienen ist. [...] Bemerkenswert ist die Vielzahl hervorragender Stilisten, wenn man bedenkt, daß einem guten Aphoristiker ebenso wie einem Lyriker nur eine Handvoll meisterhafter Formulierungen gelingen, was schon Gottfried Benn nüchtern feststellte.
(Horst Hartmann, TRIERISCHER VOLKSFREUND vom 14./15.03.1998)

Das Neue dabei ist das ziemlich weitgefaßte Auswahlprinzip, das nicht nach Repräsentativität, sondern nahezu nach Vollständigkeit strebt. So finden wir unter den zahllosen Pointen feine und triviale, originelle und banale, oberflächlich-witzige und tief tragische, kluge und dumme, kommunistische und nationalistische, religiöse und sexistische, sehr persönliche und rein theoretische etc. Gedanken [...] .
(György Dalos, FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vom 20.5.1998.)

Mit "Pointen" wird das große, auf 7 Bände in 5 Abteilungen ausgelegte Werk fortgesetzt. Im Gegensatz zu den beiden Prosabänden (BA 8/97) sind diese rund 1.000 Texte der 100 Autoren nicht thematisch, sondern nach Erscheinungsjahren geordnet, um den zeitlichen und den gesellschaftspolitischen Kontext deutlich zu machen. Quer durch literarische Strömungen und Formenvielfalt begeistert pointiert geschliffene Sprachform, hintergründiger Witz, Lakonie, Versteckspiel und frontaler Angriff. Den frühesten Text schrieb B. Prus (geboren 1847), den neuesten von 1995 R. Legutko. Die Einleitung von Dedecius vermittelt mit Witz satirische Tradition polnischer Literatur seit ihren Anfängen, vorzüglich - wie immer - die Einführung zu den Autoren, lexikalische Daten, Begriffserklärungen u.a. Extrahinweis auf die hinreißenden Karikaturen. Insbesondere dieser Band dürfte ein breites Echo finden.
(Martha Höhl, EKZ-INFO-DIENST vom Februar 1998)

Lob und Anerkennung erhielt Karl Dedecius im übrigen auch von zahlreichen polnischen Schriftstellern: Tadeusz Różewicz nannte das Werk "wahrhaft imposant und einmalig", und Urszula Kozioł "ein beeindruckendes Geschenk [...] großartig, weitgespannt und eben imponierend, sowohl in der Konzeption wie in der Realisierung". Ryszard Krynicki schrieb ihm, daß es "einen so umfassenden Überblick nicht einmal bei uns in Polen gibt", und Piotr Sommer schließlich, der Herausgeber der polnischen Zeitschrift "Literatura na Świecie" (Weltliteratur), prognostiziert: "Ich glaube nicht, daß es im 21. Jahrhundert irgendjemandem - in welcher Sprache auch immer, einschließlich der polnischen - gelingen wird, ein solch beeindruckendes Werk zustandezubringen."